Nenas Erinnerungen an Sarajevo: Ein 50. Geburtstag zwischen Geschichte und Herzlichkeit
Nenas Erinnerungen an Sarajevo: Ein 50. Geburtstag zwischen Geschichte und Herzlichkeit
Die Abendsonne warf ihre ersten goldenen Strahlen über meine Terrasse der Toro Tapasbar in Karlsruhe, als ich da lächelnd stand und meine Gäste durch den Abend begleitete. Der Alltag hatte uns längst wieder eingeholt, doch die Erinnerungen an unsere Reise nach Sarajevo schimmerten noch immer wie frisch geprägte Münzen in meinen Gedanken. Es war eine dieser Reisen, die man nicht so schnell vergisst – fünf unvergessliche Tage in Bosniens Hauptstadt, um Gorans 50. Geburtstag zu feiern.
Ein unerwarteter Besuch weckt Erinnerungen
"Mario!", rief eine vertraute Stimme von der Terrasse. Ich blickte auf und sah Nena, die spontan mit ihrem Fahrrad angehalten hatte. Ihr Lächeln trug noch immer den Glanz unserer gemeinsamen Reise.
"Hi Nena, komm, setz dich kurz zu mir", lud ich sie ein, während ich innerlich schmunzelte. Aus Nenas "fünf Minuten" wurden bekanntlich immer mindestens eine Stunde.
"Ok, aber nur 5 Minuten", erwiderte sie mit diesem charmanten Lächeln, das ihr eigen war.
Der Kellner kam herbei: "Was darf ich Ihnen bringen?"
"Eine Apfelsaftschorle, bitte", bestellte Nena, nachdem sie ihr Fahrrad abgeschlossen hatte.
Als sie sich setzte, begann unser Gespräch zu fließen wie der Miljacka-Fluss durch Sarajevo – mal ruhig, mal sprudelnd vor Erinnerungen.
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Nena hier zu Besuch in der Toro Tapasbar. |
Von Zagreb nach Karlsruhe: Nenas Geschichte
"Wo bist du eigentlich geboren?", fragte ich, neugierig auf die Geschichte hinter der Frau, die mit uns in Sarajevo gefeiert hatte.
"In Zagreb", antwortete sie, ihre Augen leuchtend. "Aber mein Traum war es immer, nach Karlsruhe zu kommen."
"Nach Karlsruhe?", fragte ich erstaunt. Die meisten Menschen träumen von Barcelona, Paris oder wenigstens Berlin.
Sie nickte. "Als junges Mädchen besuchte ich meine Tante immer in Karlsruhe. Ich verbrachte viel Zeit mit meiner Tante.
Die Stadt hat mir sofort gefallen."
In Zagreb, erzählte sie, wuchs sie auf, ging zur Schule und arbeitete später im Krankenhaus – nicht als Ärztin oder Krankenschwester, sondern im Labor.
"Im Labor?", hakte ich nach.
"Ja, wir untersuchten damals Fruchtwasser und Knochenmark. Eine wirklich spannende Aufgabe." Ihre Finger spielten mit dem Glas, als hielten sie noch immer die Präzisionsinstrumente von damals.
"Aber die Lust auf Karlsruhe war größer", fuhr sie fort. "Also sprach ich mit meinen Vorgesetzten und bekam ein Jahr frei, um das Abenteuer Karlsruhe zu starten. Wäre ich nach einem Jahr zurück nach Zagreb gekommen, hätte ich meine Stelle im Labor wieder bekommen. Unbezahlter Urlaub mit der Chance auf Rückkehr – das war fair."
Ein neues Leben beginnt
In Karlsruhe angekommen, arbeitete Nena nachts in einer Bäckerei und ging tagsüber zum Unterricht. "Ich wollte Deutsch lernen, ich wollte sparen, ich wollte etwas erreichen. Und ein Jahr geht schnell vorbei", erinnerte sie sich. Das war alles um 1993 herum – viele kleine Jobs, Schule, Bäckerei, und tatsächlich sparte sie einiges.
"Dann habe ich Ralf kennengelernt", ihre Stimme wurde weicher, "und mit Ralf kam die Gewissheit, eine Familie zu gründen und das Ticket nach Zagreb nicht einzulösen."
Sie blieb in Deutschland, und es sollte nicht lange dauern, bis ihr Sohn Ivan zur Welt kam. "Mein Sohn Ivan ist unser Stolz und ein echter Karlsruher. Er hat einen Master in International Management. Goran kennt ihn gut", ergänzte sie.
"Aber sag mal", fragte ich, "alle nennen dich Nena – ist das dein richtiger Name?"
"Eigentlich heiße ich Ankica Ana Ferencic, aber alle nennen mich Nena", lächelte sie.
Das Bootsrestaurant: Ein Traum auf dem Wasser
"Zurück zum Boot... macht dir der Job Spaß?", lenkte ich das Gespräch auf ihr Bootsrestaurant am Goldkanal in Elchesheim-Illingen.
"Ralf und ich machen diesen Job sehr gerne, obwohl er eine harte Belastung ist. Ralf arbeitet tagsüber in einer Firma, und ich bin auch den ganzen Tag ohne eine freie Minute beschäftigt."
Ihre Augen begannen zu strahlen, als sie fortfuhr: "Aber es ist schön, wenn die Stammgäste kommen, wenn neue Gäste auftauchen und vor allem, wenn mein Kuchen verschlungen wird."
Während sie von ihren Kuchen erzählte, zückte sie ihr Handy und zeigte mir ihre Kreationen: Schokokuchen, Kuchen mit Pistazien, Käsekuchen – alle sahen verlockend aus.
Ich backe aus Leidenschaft, jeden Tag, ständig. Dieser Duft...
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Der Frühling auf der Torte. Kiwi, Minze, Erdbeeren & Co. |
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Nena schwärmt für den fantastischen Käsekuchen. |
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Das ist mein Favorit: mit viel Schoko. |
"Das Bootsrestaurant habe ich mit Ralf seit 2015 aufgebaut", erklärte sie stolz. "Unsere Freundin Vika hilft uns sonntags oder nach Bedarf. Wir verstehen uns blind, Vika ist für uns eine große Stütze."
Mit einem Lächeln fügte sie hinzu: "Vika liebt Katzen – das haben wir alle in Sarajevo live gesehen, wo sie gefühlt 100.000 Katzen gefüttert hat. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich bei Gelegenheit erzählen werde."
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Auch im Urlaub ein Herz und eine Seele: Nena und Vika. |
Erinnerungen an Sarajevo
"Nena, wie fandest du Bosnien?", fragte ich, neugierig auf ihre Eindrücke von unserem gemeinsamen Abenteuer.
"Bosnien war toll. Bosnien war wunderschön", antwortete sie ohne zu zögern. "Der Rijad, bei dem wir übernachtet haben, hat uns schon in Karlsruhe besucht."
Sie dachte einen Moment nach und fügte hinzu: "In Sarajevo fand ich die Mischung gut – verschiedene Kulturen bunt gemischt. Das gibt's bei uns in Zagreb nicht. Auch die Sprache in Bosnien ist so lustig."
Der Abschied und die bleibende Erinnerung
Die Zeit war wie im Flug vergangen – aus fünf Minuten waren, wie erwartet, über sechzig geworden. Nena schaute auf ihre Uhr und erhob sich: "So, Mario, jetzt muss ich aber weiter. Was bin ich dir schuldig?"
"Der Drink geht aufs Haus", sagte ich. "Bis bald!"
Als ich ihr nachblickte, wie sie zu ihrem Fahrrad ging, dachte ich an die Momente zurück, die wir in Sarajevo erlebt hatten. Wir waren von Baden-Baden aus geflogen und hatten mit Goran und Ruzi fünf unvergessliche Tage verbracht. Schließlich ist der 50. ein runder, ein besonderer Geburtstag.
Die Begegnung mit Nena hatte die Erinnerungen wieder aufgefrischt – die alten Gassen Sarajevos, das Gemisch aus orientalischen und habsburgischen Bauwerken, der Duft von Ćevapčići und bosnischem Kaffee, das Lachen unserer Freunde und die besonderen Momente, die wir geteilt hatten.
Warst du schon einmal in Sarajevo? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht oder planst du vielleicht selbst eine Reise nach Bosnien? Teile deine Gedanken in den Kommentaren!
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